NIS2-Umsetzung in Deutschland: Warum Unternehmen jetzt aktiv werden müssen

Als die EU im Jahr 2022 die überarbeitete Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit, kurz NIS2, verabschiedete, war das Ziel klar: Die digitale Resilienz der Mitgliedstaaten sollte deutlich gestärkt werden. Doch während einige Länder die Richtlinie bereits in nationales Recht überführt haben, tut sich Deutschland schwer. Die gesetzliche NIS2-Umsetzung lässt weiter auf sich warten, laut der Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner, soll dies nun bis Anfang 2026 gelingen.
Was auf den ersten Blick wie eine lange Frist wirkt, ist in Wahrheit ein enges Zeitfenster. Denn die Anforderungen der Richtlinie sind umfassend, und viele Unternehmen haben bisher kaum Berührungspunkte mit gesetzlich geregelter IT-Sicherheit gehabt. Klar ist: Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Was steckt hinter der NIS2-Richtlinie?
Die NIS2-Richtlinie ersetzt die bisherige NIS-1 und erweitert deren Anwendungsbereich erheblich. Ging es bislang vor allem um klassische „kritische Infrastrukturen“ – also etwa Energieversorger oder Telekommunikationsanbieter –, rückt nun eine deutlich größere Bandbreite an Unternehmen in den Fokus. Ziel ist es, Sicherheitslücken zu schließen, bevor sie zu realen Bedrohungen werden.
Konkret verpflichtet NIS2 betroffene Organisationen dazu, technische und organisatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen, Sicherheitsvorfälle zeitnah zu melden und die Geschäftsleitung stärker in die Verantwortung zu nehmen. Die EU verfolgt mit der Richtlinie einen risikobasierten Ansatz: Es geht nicht darum, starre Regeln durchzusetzen, sondern Unternehmen dazu zu bringen, sich aktiv mit ihren individuellen Schwachstellen auseinanderzusetzen und diese zu beheben.
Wen betrifft die NIS2-Umsetzung in Deutschland?
Laut dem BSI werden in Deutschland künftig rund 29.000 Unternehmen von der NIS2-Richtlinie erfasst, ein enormer Anstieg gegenüber den etwa 4.500 Organisationen, die bisher unter das IT-Sicherheitsgesetz fielen. Dabei geht es längst nicht nur um Konzerne: Auch viele Mittelständler, etwa in der Lebensmittelproduktion oder in der Abwasserentsorgung, geraten nun in den regulatorischen Fokus.
Erfasst werden sogenannte „wesentliche“ und „wichtige Einrichtungen“. Dazu zählen unter anderem Unternehmen aus den Bereichen Energie, Verkehr, Finanzwesen, Gesundheitsversorgung, digitale Dienste und öffentliche Verwaltung. Auch IT-Dienstleister, die kritische Prozesse für andere Organisationen übernehmen, sind betroffen. Die Kriterien richten sich nach Sektor, Unternehmensgröße und Relevanz für die Gesellschaft.
Viele Unternehmen wissen allerdings noch gar nicht, dass sie künftig unter die Richtlinie fallen. Der kostenlose Betroffenheitstest des BSI hilft hier weiter und wurde bereits über 200.000 Mal genutzt. Doch Testergebnisse allein reichen nicht aus: Wer betroffen ist, muss sich konkret auf neue Pflichten einstellen.
Neue Anforderungen, neue Verantwortung
Mit der NIS2-Umsetzung gehen umfangreiche Pflichten einher, die weit über klassische IT-Sicherheitsmaßnahmen hinausgehen. Unternehmen müssen künftig nachweisen können, dass sie geeignete Schutzmaßnahmen umgesetzt haben, etwa Firewalls, Zugriffskontrollen, Backup-Strategien, aber auch Schulungs- und Notfallkonzepte.
Besonders brisant: Sicherheitsvorfälle müssen nach einem festgelegten Zeitplan gemeldet werden. Innerhalb von 24 Stunden muss eine erste Meldung erfolgen, nach 72 Stunden eine detailliertere Einschätzung, und innerhalb von 30 Tagen schließlich ein Abschlussbericht. Wer hier keine klar definierten Prozesse und Zuständigkeiten hat, läuft Gefahr, gesetzliche Fristen zu versäumen und riskiert Bußgelder.
Hinzu kommt die neue Verantwortung der Unternehmensleitung. Die Richtlinie verpflichtet Führungskräfte ausdrücklich zur Mitwirkung am Sicherheitsmanagement. Sie sollen nicht nur informiert sein, sondern auch aktiv in Entscheidungen einbezogen werden und im Ernstfall haften.
Unternehmen unterschätzen die Herausforderung
Viele Unternehmen haben die Tragweite der neuen Richtlinie bislang nicht erkannt. Das BSI warnt ausdrücklich vor einem gefährlichen Gefühl der Sicherheit. In vielen Fällen gibt es weder etablierte Prozesse zur Risikoanalyse noch klare Zuständigkeiten für IT-Sicherheit. Häufig fehlt auch das notwendige Know-how im Management, um Sicherheitsmaßnahmen angemessen zu bewerten oder umzusetzen.
Diese Lücke kann fatale Folgen haben. Angesichts der zunehmenden Zahl von Cyberangriffen auf Krankenhäuser, Kommunen oder mittelständische Zulieferer ist es nicht länger eine Frage des „ob“, sondern des „wann“ ein Vorfall eintritt. Die NIS2-Richtlinie soll helfen, solchen Szenarien vorzubeugen. Doch dazu müssen Unternehmen vorbereitet sein.
So gelingt der Einstieg in die NIS2-Umsetzung
Die gute Nachricht: Es ist noch nicht zu spät, sich auf die kommenden Anforderungen einzustellen. Wer jetzt beginnt, kann strukturiert vorgehen und Schritt für Schritt die nötigen Maßnahmen umsetzen.
Ein erster Schritt ist die Klärung der eigenen Betroffenheit: Fällt mein Unternehmen unter die neue Richtlinie? Welche Kriterien sind entscheidend? Hier lohnt sich ein Blick auf die Definitionen in der aktuellen Gesetzesvorlage und ein Abgleich mit der eigenen Organisationsstruktur.
Darauf folgt die interne Zuständigkeitsklärung: Wer kümmert sich um IT-Sicherheit, wer ist Ansprechpartner für das Management, wer für Meldungen an die Behörden? Diese Fragen sollten frühzeitig beantwortet und dokumentiert werden.
Zentral ist außerdem der Aufbau eines Risikomanagements, das nicht nur auf dem Papier existiert, sondern im Alltag funktioniert. Dazu gehört eine regelmäßige Analyse möglicher Gefährdungen, aber auch konkrete technische Maßnahmen wie Patch-Management, Zugriffskontrolle oder Netzwerksegmentierung.
Und nicht zuletzt braucht es Wissen und Bewusstsein in der Organisation. Schulungen für Mitarbeitende und insbesondere für Führungskräfte sind essenziell – denn nur wer versteht, worum es geht, kann auch verantwortlich handeln.
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Was bescheinigt das Zertifikat?
Inhaber des Zertifikats „NIS2 Security Compliance“ verfügen über:
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- fundierte Kenntnisse über die Auswirkungen der Richtlinie auf IT-Sicherheitspraktiken in Europa,
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Besonders relevant: Der Nachweis qualifiziert Sie dafür, in Unternehmen eine aktive Rolle bei der strategischen Umsetzung der NIS2-Anforderungen zu übernehmen, vom Risikomanagement über Meldeprozesse bis zur Umsetzung geeigneter Sicherheitsmaßnahmen.
Die Add-on-Prüfung „NIS2 Security Compliance“ kann direkt im Anschluss an die ISO 27001 Foundation oder Security Officer Schulung bei PSW TRAINING gebucht und über ICO-Cert abgelegt werden.
Die NIS2-Umsetzung in Deutschland ist längst keine abstrakte Gesetzgebung mehr, sondern konkrete Realität für zehntausende Unternehmen. Auch wenn die gesetzliche Verankerung noch bis 2026 dauern mag, ist der Handlungsbedarf ist akut. Wer die neue Sicherheitskultur als Chance begreift und strukturiert vorgeht, kann nicht nur Bußgelder vermeiden, sondern das Vertrauen von Kunden und Partnern stärken.
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FAQs zur NIS2-Umsetzung
Was ist der Unterschied zwischen NIS-1 und NIS2?
NIS2 erweitert den Anwendungsbereich deutlich und verschärft Pflichten wie Meldeprozesse und Verantwortlichkeiten der Geschäftsleitung.
Ist mein Unternehmen betroffen, obwohl wir kein Konzern sind?
Ja, viele Mittelständler (z. B. Lebensmittel, Entsorgung, Healthcare-IT) können betroffen sein, entscheidend sind u. a. Mitarbeiterzahl und Umsatz.
Muss ich ISO 27001 haben, um NIS2 umzusetzen?
Nein, aber eine bestehende ISO 27001-Zertifizierung erleichtert die NIS2-Compliance erheblich.
Was passiert, wenn ich meldepflichtige Vorfälle nicht fristgerecht melde?
Es drohen Bußgelder und eine mögliche persönliche Haftung der Geschäftsleitung.